Citroën, Elektromobilität und die Akku-Ente

 
elektromobilitaet regierungsplaene und die akku enteZum ersten Januar 2013 waren in der Bundesrepublik 4.541 Elektro-Pkw zugelassen. Zwar ist die Tendenz seitdem steigend, gemessen am Gesamtbestand aller Kraftfahrzeuge hat die steuerfreie Elektro-Alternative jedoch nur einen verschwindend geringen Anteil. Zu hoch sind aktuell die Beschaffungskosten, was vor allem mit teuren und vergleichsweise wenig effizienten Akkumulatoren zusammenhängt. Mittels konventioneller, fossiler Brennstoffe wie Diesel, Super oder E10 lässt sich Energie zur Zeit noch besser (im Autotank) speichern, als das mit Batterien möglich ist. Angesichts noch relativ geringer Reichweiten und kaum vorhandener Ladestationen finden sich Elektrofahrzeuge deshalb vor allem in Behördenfuhrparks städtischer Räume, etwa bei Stadtwerken oder Energieerzeugern.
 

Das im Sommer 2012 in Berlin gestartete Mobilitätskonzept Multicity ist für Citroën und die Deutsche Bahn mehr als ein Werbeerfolg: Schon bald werden insgesamt 500 Citroën C-Zero über die Straßen der Hauptstadt rollen. Foto: garage2cv.de

Das im Sommer 2012 in Berlin gestartete Mobilitätskonzept Multicity war für Citroën und die Deutsche Bahn mehr als ein Werbeerfolg: Insgesamt 500 Citroën C-Zero rollten zeitweise über die Straßen der Hauptstadt. Foto: garage2cv.de

Ein relativ neues Einsatzfeld ist das von Citroën in Verbindung mit der Deutschen Bahn entwickelte und seit 2012 betriebene Car-Sharing-Konzept Multicity in Berlin, wo die weißen Elektrofahrzeuge durch ihre Präsenz nicht nur für Aufmerksamkeit sorgen, sondern vor allem zu relativ günstigen Konditionen gemietet werden können. Offensichtlich ist Multicity erfolgreich, denn die anfänglich aus 100 Fahrzeugen bestehende Flotte ist aktuell auf 350 Citroën angewachsen und soll ab 2014 sogar 500 Stück auf Berlins Straßen bringen. Möglicherweise liefert Citroën Multicity bereits heute einen Vorgeschmack darauf, wie das Automobil zukünftig gesehen und genutzt wird: Nicht mehr als persönliches Eigentum mit einer Tendenz zum Statussymbol, sondern als jederzeit und allerorts verfügbares Verkehrsmittel, das von Automobilherstellern bereitgestellt und mittels Chipkarte individuell nutzbar wird.
 
Soluson-Dyane: Trotz Solarzellen am Fahrzeug bleibt die Steckdose unverzichtbar. Gesehen auf einem 2CV-Treffen in Frankreich, Foto: garage2cv.de

Soluson-Dyane: Trotz Solarzellen am Fahrzeug bleibt die Steckdose unverzichtbar. Gesehen auf einem 2CV-Treffen in Frankreich, Foto: garage2cv.de

Dank eines erweiterten Netzes von Aufladestationen und günstigen Krediten der KfW soll der bundesdeutsche Elektrofahrzeugbestand bis zum Jahr 2020 auf 1 Million Stück anwachsen, was dann einem Gesamtanteil von etwa 2% enspräche. Ob das im jetzt vorgestellten schwarz-roten Koalitionsvertrag vorgesehene Ziel erreicht werden kann, ist derzeit kaum realistisch vorhersehbar. Denn abgesehen von einzelnen Ausnahmen (über Citroën war bereits die Rede, auch BMW bringt in Kürze seinen eDrive) – ist die deutsche und internationale Automobilindustrie in Sachen Elektromobilität eher zurückhaltend, einzelne Konzepte erinnern eher werbetechnische Feigenblätter denn an echte Alternativen. Dabei ist vor allem im Bereich der Speichertechnik dringender Forschungs- und  Investitionsbedarf erforderlich, denn Akkumulatoren sind sowohl hinsichtlich Rohstoffbeschaffung, Produktion, Kosten und Effizienz noch immer der entscheidende neuralgische Punkt mit Blick auf eine Großserienfertigung. Unabhängig von politischen Vorgaben scheint sich Elektromobilität zur Generationenaufgabe zu entwickeln, schon aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen wird sie wahrscheinlich eher städtisch und urban, denn dörflich sein.
 
Äußerlich unterscheidet sich dieser Prototyp der Akku-Ente nicht von ihren herkömmlich motorisierten Artgenossen, im Gegenteil: Das alte Blau und Stoßstangengummis lassen an die Sechziger denken. Foto: entenfrisch / garage2cv.de

Äußerlich unterscheidet sich dieser Prototyp der Akku-Ente nicht von ihren herkömmlich motorisierten Artgenossen, im Gegenteil: Das alte Blau und Stoßstangengummis lassen an die Sechziger denken. Foto: entenfrisch / garage2cv.de

In der gar nicht ganz so neuen Welt der Elektromobilität gibt es jedoch abseits aller industriellen und urbanen Trends bemerkenswerte Ausnahmen, die auf Grundlage schon bestehender Fahrzeuge Elektroautomobile entwickeln: Raus mit dem Benziner, rein mit dem Akku!
Grundvoraussetzung für einigermaßene Reichweitentauglichkeit ist immer ein möglichst geringes Eigengewicht des Trägerfahrzeugs, womit ein vermeintlich überholtes Fahrzeugkonzept wieder aktuell wird, dessen Entwicklung schon Jahrzehnte zurückliegt: Der im allgemeinen Sprachgebrauch noch als Ente bezeichnete Citroën 2CV. Schon Mitte der Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts stand beim 2CV die Gewichtsoptimierung im Mittelpunkt. Denn maßgeblichen Anteil an der Konzeption hatte mit André Lefebvre ein Flugzeugingenieur, der im reduzierten Fahrzeuggewicht die Lösung vieler Probleme des Automobilbaus sah, und der mit dieser Meinung auch heute wieder brennend aktuell zu sein scheint.
 
Sein bis 1990 millionenfach produzierter 2CV scheint mit seinem kaum 600 Kilo betragenden Leergewicht (das noch inklusive des althergebrachten Boxermotors) das geeignete Trägerfahrzeug für Elektroantriebe zu sein, für ausreichenden Nachschub an Trägerfahrzeugen ist gesorgt, quasi alle Ersatzteile werden noch bzw. wieder gefertigt. In Verbindung mit der einfach-robusten, aber sehr komfortablen Federung die richtige Ausgangskonfiguration für den Transport der notwendigen Akkus. Einen erste Schritt zum Elektro 2CV ging bereits vor anderthalb Jahrzehnten ein Japaner, der sein Fahrzeug dann sogar bis nach Paris brachte, um es dort der Öffentlichkeit vorzustellen. Ebenfalls bemerkenswert eine französische Studie auf Dyane-Basis aus dem Jahr 2011, die mittels Solarzellen die Kraft der Sonne zu nutzen suchte.
 
e-ente aus Langgöns: Ohne Änderungen an Karosse oder Rahmen ersetzt ein moderner Elektromotor den ursprünglichen Boxer, ein Getriebeadapter machts möglich. Foto: entenfrisch / garage2cv.de

e-ente aus Langgöns: Ohne Änderungen an Karosse oder Rahmen ersetzt ein moderner Elektromotor den ursprünglichen Boxer, ein Getriebeadapter machts möglich. Foto: entenfrisch / garage2cv.de


Einen neuerlichen greif- und vor allem erfahrbaren Anlauf in Richtung Elektroantrieb macht jetzt ein im hessischen Langgöns ansässiges Unternehmen, das sich schon seit Mitte der Achtziger Jahre mit gutem Ruf dem Citroën 2CV widmet. Christoph Frisch ist Initiator des Projektes, das erst im April diesen Jahres konkrete Formen annahm. “Die Idee eine e-Ente zu bauen lag mir schon lange am Herzen”. Beim Anbieter teil- oder vollrestaurierter Enten mit verzinkten Karosserieteilen, dürfte zukünftig die neueste Schöpfung im Mittelpunkt des Interesses stehen: Die Akku-Ente, der Prototyp eines straßentauglichen und in Deutschland zugelassenen 2CV mit Elektromotor !
 
Schon die Lackierung in Bleu mésange kann als Zeichen von Detailverliebtheit und Traditionalismus gelten, denn dieser alte Citroënfarbton ist ein symbolischer Bezug zur Blütezeit der Ente: Nur für kurze Zeit konnte man 1968 und 1969 AC 629 bestellen. Äußerlich wirkt die e-Ente wie ein ganz normal restauriertes Fahrzeug, jedoch entpuppt sich bei genauerem Hinsehen der Benzineinfullstutzen als gut getarnte Steckdose. Ansonsten ist die e-ente mit modernem, verschleißfreiem Elektromotor aus deutscher Fertigung und Litium-Eisen-Akkus als Energiespeicher ausgestattet. Damit läßt sich eine Höchstgeschwindigkeit von 95 Stundenkilometern erzielen, die Reichweite des Prototyen liegt bei rund 80 Kilometern. Die Ladezeit der leeren Akkus beträgt rund 7 Stunden. Besonders bemerkenswert ist, dass zumindest an diesem ersten Exemplar keinerlei Veränderungen an Rahmen oder Karosserie vorgenommen werden mussten, und der Benzinmotor lediglich gegen einen Elektromotor ausgetauscht wurde. Einzige Einschränkung des in Zusammenarbeit mit einem auf Elektrofahrzeuge spezialiertem Maschinenbaubetrieb entstandenen Prototypen im praktischen Nutzen ist die fehlende Rückbank. Deren Platz nehmen nun Batterien ein, doch “für die nächsten e-enten können wir die Batterien auch in Rahmen und Karosserie einbauen, so das sie nicht zu sehen sind.”
 
Rund 8 Stunden muss die Elektroente an die Steckdose bevor die Akkus wieder aufgeladen sind. Dann sind rund 80 Kilometer möglich, für den Stadtverkehr genau richtig und sogar steuerfrei. Foto: entenfrisch / garage2cv.de

Rund 8 Stunden muss die Elektroente an die Steckdose bevor die Akkus wieder aufgeladen sind. Dann sind rund 80 Kilometer möglich, für den Stadtverkehr genau richtig und sogar steuerfrei. Foto: entenfrisch / garage2cv.de

Einem größeren Publikum wird Frisch seine e-ente erstmals im Sommer nächsten Jahres vorstellen, denn dann findet unmittelbar vor den Toren der Mainmetropole Frankfurt das große Deutschlandtreffen der 2CV-Freunde in Diedenbergen statt.
 
Da die e-ente über eine Straßenzulassung mit allen notwendigen Gutachten verfügt, steht das Gefährt in Langgöns aber auch jetzt schon zu Probefahrten bereit. Wer demnächst also gerne einen (steuerfreien) 2CV mit Elektroantrieb fahren möchte, sollte sich auf den Weg ins Hessische machen.
 
Von Jan Eggermann, Dezember 2013
 
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