80 Jahre Citroën Traction Avant
Am 18. April 1934 wird im Citroën-Autohaus am Place de l’Europe in Paris ein Fahrzeug vorgestellt, dass das Straßenbild der französischen Hauptstadt auf Jahrzehnte prägen wird und als einer der ganz großen automobilen Meilensteine gilt. Die Rede ist vom Citroën 7CV, der schnell nach seinem innovativen Frontantriebskonzept auch Traction Avant genannt wird.
Firmengründer André Citroën ist Anfang der Dreißiger Jahre Alleineigentümer des Automobilwerkes und hat für die Konzeption der später auch als 11 und 15 CV bekannt gewordenen Limousine ein hochkarätiges Team von Technikern und Künstlern engagiert: Neben Flugzeugingenieur André Lefebvre, dem vor allem Fragen der Aerodynamik und die damit verbundene Lösung des Gewichtsproblems am Herzen liegen, ist mit Flaminio Bertoni auch ein virtuoser Bildhauer und Architekt im Team. Ihm gelingt in Form des Traction Avant (s)ein erstes automobiles Kunstwerk. Beide werden die Formensprache des Unternehmens Citroën auf Jahrzehnte prägen. Fahrzeuge wie 2CV oder DS sind ohne Bertoni und Lefebvre schlicht undenkbar, der Traction Avant ist sozusagen das erste Chef-d’œuvre der beiden, entwickelt in einer undenkbar kurzen Zeit von knapp 18 Monaten. Mit Details wie einer hydraulischen Bremsanlage, neuen Motoren oder seiner Federung ist er bereits überaus innovativ; doch erst das Zusammenspiel von Frontantrieb und selbsttragender Karrosserie mit tiefem Schwerpunkt machen in revolutionär.
Zur Produktion des Traction Avant hat André Citroën sein Hauptwerk am Quai de Javel bei laufender Produktion noch 1933 komplett umbauen lassen. Von der Entwicklung bis zur Produktion und Vorstellung scheint bis zum Frühjahr 1934 alles nach Plan zu laufen. Und es muss nach Plan laufen, denn die Citroënwerke – und damit auch Quasi-Alleineigentümer André Citroën – befinden sich in einer existentiellen Finanzkrise, die der neue 7CV beheben soll. Doch das gelingt nicht auf Anhieb, der neue 7CV ist mit zahlreichen Kinderkrankheiten versehen, die zwar seinen avantgardistischen Ruf kaum antasten, dafür aber das ohnehin theoretische Finanzierungsmodell André Citroëns scheitern lassen. Noch bis Dezember 1934 hofft André Citroën, dann muss er Insolvenz anmelden. Auf Vermittlung der französischen Regierung steigt nun Hauptgläubiger Michelin bei Citroën ein. André Citroën bleibt nominell Chef des Aufsichtsrates, stirbt aber im Juli 1934. Die beiden zur Sanierung von Michelin aus Clermont-Ferrand nach Paris entsandten Manager Pierre Michelin und Pierre-Jules Boulanger bringen die Produktion des Traction Avant jetzt schnell auf Touren, der Wagen wird zu einem der größten finanziellen Erfolge Citroëns, und unterstreicht den besonders fortschrittlichen Ruf der Marke.
Die gute Straßenlage (eine zeitgenössische Werbung spricht davon, dass “Citroën die Zentrifugalkräfte zähme”) des Traction läßt ihn später zum bevorzugten Fahrzeug für all diejenigen werden, die es eilig haben: Von der Polizei im Paris der Vorkriegszeit, bis zu motorisierten Einheiten von französischer Armee, Wehrmacht oder Resistance im zweiten Weltkrieg. Noch Anfang der Fünfziger treibt in Frankfurt/Main eine Bande ihr Unwesen, die bevorzugt im schwarzen Citroën – sprich im damaligen Jargon per Gangsterlimousine – unterwegs ist.
In den Folgejahren wird der Traction Avant immer wieder verbessert, ohne aber Grundsätzliches zu ändern: 23 Jahre lang wird der aerodynamische Streamline gebaut, seine Fertigung endet erst im Juli 1957 nach 759.123 Exemplaren. Bis dahin sind dem kleinen Anfangsmodell 7CV Versionen mit stärkeren Motoren, etwa der “11er”, ergänzt durch einen “15CV SIX” mit Sechzylindermotor gefolgt. Es gibt Cabrio- und Kombiversionen und zuletzt noch eine Ausführung mit Hydropneumatischer Federung. Lediglich der anfangs geplante “22 CV” mit Achtzylindermotor schafft es nicht bis zum Serienmodell. Dafür ranken sich bis heute um den Verbleib der 22 CV-Prototypen Gerüchte, die Bücher und Comics inspiriert haben.
Citroën setzt mit dem Traction Avant auch seine internationale Expansion fort, denn neben Frankreich wird er auch in Großbritannien, Belgien, Dänemark und Deutschland gefertigt.
Anläßlich des Jubiläums 80 Jahre Citroën Traction Avant findet eine ganze Reihe von Veranstaltungen statt. So würdigte die Citroën Deutschland GmbH den Traction Avant am 24. April 2014, 17 Uhr, im Rahmen einer Feierstunde im neuen Kölner Firmensitz in der Edmund-Rumpler-Straße 4. Der Kölner Citroënkenner und langjährige Presseattaché der Marke, Autor Immo Mikloweit hielt einen kurzweiligen Vortrag zum Thema, der auch die einstige Traction Avant-Produktion in Köln zum Inhalt hatte.
Hingewiesen sei auch auf 80 ans de la Traction vom 13. bis 14. September im Schloßpark von La Ferté-Vidame im Departement Eure et Loir 120 Kilometer westlich von Paris.
Anläßlich des Jubiläums erscheint bei Chêne-EPA mit Citroën Traction Avant: Il y a 80 ans de revolution auch ein neues Buch von René Bellu, direkt bei uns bezogen werden kann.
Von Jan Eggermann, 2014
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