Liebling, ich habe die Ente geschrumpft!
Auf diese Idee kommt Christophe Goujon anläßlich der Geburt seines Sohnes im Jahre 1995. Eigentlich soll der erste fahrbare Untersatz seines Nachwuches ein Einzelstück im Maßstab 1/4 bleiben, doch dem verkleinerten R4 folgen schon bald fünf weitere R4-Modelle mit Pedalantrieb, denn der frisch gebackene Vater hat seine Leidenschaft für die auf 25% verkleinerten Miniaturen entdeckt!
Während anderswo das Angebot an Automodellen aus maschineller Produktion schier unübersehbar wird, setzt Goujon mit seiner Manufaktur in St. Ouen les Vignes einen bemerkenswerten Gegenpol, denn dort entsteht in aufwendiger Handarbeit nach und nach eine ansehnliche Kollektion von geschrumpften R4 mit Pedalantrieb, allesamt im ungewöhnlichen Maßstab 1/4.
Es bleibt nicht bei den R4-Pedalos, denn schon bald gesellen sich auch ganz “normale” Miniaturen ins Portfolio des gelernten Modellbauers.
Wie viel Arbeit in jedem einzelnen Modell steckt, mag man am Zeitaufwand von jeweils 50 bis 70 Stunden ermessen, der zur Herstellung notwendig ist. Fast alle Einzelteile sind aus Kunststoff und entstehen mittels eigens angefertigter Formen. Danach werden sie zusammengesetzt und lackiert.
Öffentlich zu sehen sind die verkleinerten R4 erstmals im Sommer 2009 beim ersten internationalen Renault 4-Treffen. Vom Publikum werden sie begeistert angenommen, denn solche Modelle hat es vom Renault 4 noch nicht gegeben! Manch einer gibt sofort seinen eigenen Oldie in Auftrag, oder bestellt ein Pedalauto für den eigenen Nachwuchs. Goujon lässt praktisch jede erdenkliche R4-Variante auf Kundenwunsch entstehen: Von der R4 Fourgonette in “La Poste”-Ausführung bis zum normalen R4 des letzten Baujahres.
Kein Wunder, dass auch Hersteller Renault schnell auf die zauberhaften R4-Modelle aufmerksam wird. Für eine Ausstellung zum Jubiläum ordert Renault nicht nur einen geschrumpften R4 mit Fernsteuerung, sondern lässt nebenbei auch fast die gesamte einstige Modellpalette inklusive der früher sehr verbreiteten Fourgonetten nachbauen. Am Ende übernimmt Renault elf vollständig in Handarbeit entstandene Modelle von Goujon, die bis heute bei offiziellen Anlässen ausgestellt werden.
Daneben sind bis zum heutigen Tage auch rund 20 Modelle für Liebhaber in ganz Europa entstanden, zumeist als individuelle Aufträge und zu Preisen ab rund 1.000 EURO aufwärts.
“Nachdem ich praktisch alle Variationen des Renault 4 realisiert hatte, wurde ich auf den Citroën 2CV aufmerksam,” so Goujon.
“Ein Freund stellte mir dankenswerterweise seinen eigenen 2CV zur Verfügung, damit ich Maß nehmen konnte.”
Allein vier Monate dauert die Vermessung der Ente, denn bevor die Formen entstehen können will erst jedes einzelne Karossierieteil vermessen werden. Nachdem der Formenbau erfolgreich vollbracht ist, kann ein Prototyp im Maßstab 1/4 entstehen. Mit ihm wächst auch die Erkenntnis, dass der im Vergleich zum R4 historisch ältere Citroën 2CV auch im Modell viel aufwendiger als der Renault herzustellen ist.
Denn bevor eine geschrumpfte Ente die Manufaktur verlässt, müssen 90 bis 110 Stunden Arbeit investiert werden, was immerhin rund drei Wochen Arbeit bedeutet, Trockenzeiten nicht eingerechnet.
Zur Zeit können alle 2CV-Limousinen der Baujahre ab 1961 (also mit “neuer Motorhaube”) gefertigt werden, etwa als Standmodell oder auch als ferngesteuertes Fahrzeug (Preise ab 1.800 EURO**). Die Länge beträgt 110 cm, die Breite 43 cm und die Höhe 44 cm.
Angesichts der handwerklich sehr schön gemachten Arbeiten des Christophe Goujon bleibt zu hoffen, dass er sich eines Tages auch der vielen anderen als Modell lohnenswerten Citroën-Klassiker annimmt. In Arbeit ist jetzt aber erstmal ein 2CV 4×4 (Sahara), demnächst werden die früheren Wellblechenten folgen, und auch die Kastenenten warten noch auf Realisierung im Maßstab 1/4. Warum die Wahl eigentlich ausgerechnet auf diesen ungewöhnlichen Maßstab gefallen ist?
“Ganz einfach: Das Pedalauto meines Sohnes war zufällig in diesem Maßstab. Und mit ihm hatte damals ja alles angefangen!”
Von Jan Eggermann, 2013
* Der Renault 4 erschien 1961 als Antwort der damaligen “Regié nationale” auf den Erfolg des Citroën 2CV. Bis zum Ende der Produktion Ende 1992 entstanden 8.135.424.
Unglaubliche 900.300 Exemplare gingen nach Deutschland, 2011 waren allerdings nur noch 2.300 von ihnen hier zugelassen.
** Interesse an einem der so exklusiven, wie individuellen 2CV- oder R4-Modelle? Anfragen nimmt garage2cv.de gerne entgegen. Schreiben Sie uns!
Christophe Goujon verstarb am 8. September 2016.
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