Presserummel 1961: Der neue Citroën Ami 6
Lediglich eine Aufnahme der Seitenansicht stand werksseitig zur Verfügung. Für HOBBY “eine Unsitte, die die guten alten Bräuche auf dem Automarkt in Unordnung bringt. Zweifellos ein Zeichen der auf dem Automarkt herrschenden Unsicherheit.” Trotzdem zeigte man sich im Bericht Ami 6 – der große kleine Citroën vom Mai 1961 versöhnlich. Wenn man auch über das Äußere wie fast immer bei Citroën geteilter Meinung sein könne, so sei der Neue doch ein vernünftiges und zweckmäßiges Auto mit exzellentem Innenkomfort. Schon sehr detailliert wusste HOBBY über die technischen Innovationen des nun offiziell als Ami 6 bezeichneten Fahrzeuges zu berichten. Fahrwerksseitig herausgehoben waren die neuen Horizontal-Stossdämpfer (die später auch in der Ente zum Einsatz kamen) und der endlich im Vergleich zum 2CV modifizierten Vorderachse mit doppelten Gelenkwellen.
Als beträchtliche Verstärkung sah HOBBY gar den nun auf 600ccm gebrachten Motor mit seinen “18 reellen PS”. Auf die abschließende Frage ob der neue Citroën denn wie seine Stammesgenossen wirklich eine Sensation sei, blieb die Antwort ausweichend: “Weder das eine noch das andere, sondern eine sehr vernünftige Synthese zwischen den vielbestaunten Großen und den vielbelachten Kleinen.” Allein vom Preis werde es abhängen – so HOBBY weiter – ob der Wagen nur Liebhaber oder breite Konsumentenschichten interessieren wird. Auch AMS berichtete: Wir fuhren Citroën Ami 6 war in Heft 14/1961 zu lesen. Der reichlich bemessene Innenraum und das stärkere Antriebsaggregat fanden durchaus lobende Worte. Dass im Jahre 1961 gerade das Preisargument angesichts geringer Löhne wichtig war, ist selbstverständlich. Gerade auf dem umkämpften Kleinwagensektor wurde der Preis schnell zu einem Totschlagargument. Und Citroën hatte den ami 6-Preis mit fast 5500,-DM deutlich über vergleichbaren Fahrzeugen angesetzt. So verwundert es nicht, dass der Test MOT prüft Citroën Ami 6 vom September 1961 vor allem auf den Preis Bezug nahm. “Wenn der Generaldirektor eines deutschen Werkes einen 600ccm-Wagen anbieten wollte, würde man ihn am gleichen Tag in Pension schicken, und das nicht zu Unrecht.” So stand es gleich als Einleitung geschrieben! Überhaupt scheint man bei mot den hohen Preis des Ami 6 arg persönlich genommen zu haben.Technisch gesehen sei er ein 2CV mit modernisierter Karosserie und etwas mehr auf Komfort getrimmt. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass die Karosserie nicht nach Geldschrank-Idealen wie man sie bei uns gewohnt sei, gebaut ist. Der Wagen mache keinen Hehl daraus, dass er aus dünnem Blech sei. Eine eigenartige Mischung aus Primitivität und Zweckmäßigkeit wollte mot im Ami 6 erblickt haben, allerdings – so hieß es vermeintlich versöhnlich – durchaus elegant serviert. Jedenfalls dann, wenn man einen Nerv für simple Eleganz der Zweckform habe. Um ihn zu genießen – so formulierte es mot im Schlusswort – müsse man sich in vieler Beziehung vom deutschen Automobilgeschmack lösen. Ein fast vernichtendes Urteil war gesprochen!
Geradezu liebevoll im November 1961 dann HOBBY mit dem im Stil der Zeit aufgemachten Bericht Mon ami – ami 6. Motto: Unbekannte Schöne im Petticoat testet Ami 6 auf Herz und Nieren. Die ungewöhnlichen Aufnahmen der Fotostory unterstrichen die aussergewöhnlichen Eigenschaften des Fahrzeuges. Wo zunächst Skepsis herrschte (Na schön bist du ja gerade nicht! da haben sie wohl was weggeschnitten) resummierte HOBBY: Der kleine Ami 6 sei inzwischen ein echter Freund geworden. Mit all seinen großen Vorzügen und kleinen Schwächen.
Von Jan Eggermann, 2001.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.