Letzter Vorhang für Citroën in Aulnay-sous-Bois

 
Die Schließung des Conservatoire Citroën auf dem Gelände des früheren Citroën-Stammwerkes war seit längerer Zeit absehbar. Dass es dann aber so schnell ging, überraschte viele Beobachter.
 
Text: Jan Eggermann, Bilder: Garage 2CV
 
Schon seit Jahren ist eine Umstrukturierung aller Museen des Aventure Peugeot Citroën DS in Planung. Das betrifft vor allem die Simca-Sammlung in Poissy und das Conservatoire Citroën. Man wusste also, dass das Conservatoire Citroën nur noch auf Bewährung lief. Nun muss man vielleicht lange warten, um die Sammlung in Gänze noch einmal sehen zu können, denn ihre Zukunft erscheint mehr als ungewiss.
 

 
„newsdanciennes.com“ schreibt am 24. Mai 2024, das Conservatoire Citroën sei eine Mischung aus Lagerraum und Museum und gehe sowohl auf die Geschichte von Citroën, als auch auf seine Modelle ein. Das Conservatoire wurde 2001 auf dem Gelände des damaligen PSA-Werks in Aulnay-sous-Bois eröffnet. Das Werk selbst war 1973 eingeweiht worden, damals von Citroën, denn man wollte das 15. Arrondissement von Paris verlassen und war durch die Streiks von 1968 auch etwas angeschlagen. Bis zu 8.000 Mitarbeitern wurden hier beschäftigt, in ersten Entwürfen sollten es sogar 12.000 sein.
 

 
Vor Ort wurden zwei Montagelinien eingerichtet und die DS war das erste Modell, das in Aulnay hergestellt wurde, gefolgt vom CX. Auch die letzten H-Modelle kamen von hier. Ab 1977 führte die Vereinheitlichung der Produktionen durch PSA Peugeot Citroën dazu, dass auch der Peugeot 104 im Département 93 hergestellt wurde. Am 25. Oktober 2013 war ein Citroën C3 das letzte in Aulnay hergestellt Auto. Das Werk wurde 2017 endgültig geschlossen und an das „Etablissement Public Foncier d‘Ile de France“ verkauft. Viele Gebäude wurden seitdem abgerissen, andere neu vermietet. Übrig blieb nur das Conservatoire Citroën, das die Räumlichkeiten gemietet hatte. Da der Mietvertrag ausläuft, müssen alle Lagerbestände umziehen (ein Teil ist bereits ausgelagert worden, so das gesamte Citroën-Archiv, das sich heute im ostfranzösischen Terre-Blanche bei Peugeot befindet).
 

 
Geduld, Geduld, Geduld
Die Schließung des Conservatoire Citroën wird als „nicht endgültig“ angekündigt. In seiner Presseerklärung erwähnt der Verantwortliche Loïc de la Roche ein bereits in Planung befindliches Projekt, das „den Liebhabern der Marke Citroën am Herzen liege, um den Zugang zu den außergewöhnlichen Inhalten dieses Konservatoriums einem viel breiteren Publikum zu ermöglichen“. Im Klartext: Ein echtes Museum, das einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist. Allerdings werde die Realisisierung noch „mindestens drei oder vier Jahre“ in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit werde die Sammlung an einen „sicheren Ort“ zur Aufbewahrung verlegt. Vorstellbar sei dabei, dass bei bestimmten Veranstaltungen immer noch einige Autos aus dem Fundus gezeigt werden könnten, wie etwa unlängst der 2CV A von 1939 auf der Techno Classica in Essen. Als Zukunftsaussicht für die Werkssammlung sei das allerdings nach Meinung von „newsdanciennes“ „vage, sehr vage.“ Es sei zwar bekannt, dass das Aventure Peugeot Citroën DS eine Umstrukturierung durchlaufe und dass die Zeiten ein wenig hart sind. Doch trotz der großartigen Finanzergebnisse der Stellantis-Gruppe, die vielleicht zu einem Trugschluss verleiten, muss klargestellt sein, dass das Aventure Peugeot Citroën DS eine formal unabhängige Vereinigung nach französischem Recht ist. Sie wird zwar vom Hersteller finanziert, allerdings sollen die finanziellen Zuwendungen 2028 enden, was sich negativ auf das zukünftige Museum auswirken dürfte. Am 18. April, dem 90. Geburtstag des Citroën Traction, wurde der neue C3 Aircross in Paris vorgestellt, weit entfernt vom C42 und ohne jeglichen Bezug auf seinen ruhmreichen Vorfahren!
 

 
Auch als das CAAPY-Museum in Poissy (also die SIMCA-Sammlung) geschlossen wurde, versprach man die baldige Eröffnung eines gemeinsamen Museums für Simca und Citroën in Poissy. Doch daraus wurde nichts, und die CAAPY musste selbst aktiv werden, um ihre Sammlungen vor kurzem wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein weiteres Gerücht entstand kurz nach der Pandemie, als das „gallische Dorf“ Lohéac als Standort für ein Museum erwähnt wurde, das alle Stellantis-Marken, vor allem also Peugeot, Citroën und DS, aber auch Panhard und Simca umfassen sollte. Die Idee war nicht schlecht und wurde von Jean-Yves le Drian, dem ehemaligen Präsidenten der Region Bretagne, unterstützt. Ähnliche Ideen gab es auch in La Ferté-Vidame mit seiner alten Citroën-Teststrecke, Austragungsort der legendären 100-Jahre-Citroën-Feier im Sommer 2019.
 
Konkrete Planungen seitens des Aventure Peugeot Citroën DS zum Aufbau eines Werksmuseums hat es allerdings noch nicht gegeben. Damit beginne man jetzt, war vom neuen Verantwortlichen unlängst zu hören. Somit bleibt zumindest die Hoffnung, dass die Werkssammlung eines Tages wieder öffentlich zu sehen sein wird. Angesichts der vorhersehbar exorbitanten Kosten für ein repräsentatives Werksmuseum und der andererseits beschränkten finanziellen Möglichkeiten des Aventure Peugeot Citroën DS (das absehbar auch keine Zuwendungen mehr vom Stellantis-Konzern erhalten wird) sollte man allerdings nicht alszu hoffnungsfroh sein…
 
Reaktionen im Netz

Die Schließung des Conservatoire Citroën führte selbstverständlich zu vielen Kommentaren in sozialen Netzwerken, etwa auf den Facebook-Präsenzen der Zeitschriften Citroscopie und Planête 2CV, sowie Amicale Citroën France.
 
„Zunächst einmal ein Dank an alle, die das Conservatoire aufgebaut haben und es bis zum 30. Juni am Leben erhalten haben… Denken Sie insbesondere an Marc André Biehler, der zu denen gehörte, die dieses wertvolle Erbe zur Geltung gebracht haben… In der Hoffnung, dass die wunderbaren Citroëns eines Tages einen würdigen Rahmen erhalten werden…“
Alexandre Joulaud
 
„Ich fände es gut, wenn wir am 30. Juni ein riesiges Treffen von Citroën-Fans organisieren würden, um unsere Verbundenheit mit dem „Conservatoire Citroën“ und vor allem mit all den Menschen zu zeigen, die an seiner Gründung, seiner Entwicklung und der Tatsache, dass alles heute noch steht, mitgewirkt haben…“ Alain Voisin
 
„Eine Schande!“
Henri-Jacques Citroën
 
„Es ist unglaublich, wie wenig Respekt die Marke gegenüber den Sammlern hat. Meine modernen Autos waren immer Citroën, aber ich habe große Zweifel an dem nächsten. Der Schnitt zwischen der Marke und ihrem Erbe ist zu groß. André Citroën muss sich im Grab umdrehen, er, der immer dafür gekämpft hat, dass die Finanziers nicht die Macht in seinem Unternehmen übernehmen.“
Marc Agnes
 
„Desinteresse, Inkompetenz, Beiläufigkeit und keinerlei Ehrgeiz. So könnte man die Situation charakterisieren. Viele Enthusiasten haben zur Gründung und zum Erhalt des Conservatoire beigetragen. Andere haben sich hartnäckig dafür eingesetzt, dass es weiterbesteht. Doch zehn Jahre Hoffnung, zehn Jahre Taubheit, Blindheit und schöne Sonntagsreden ohne die geringste Spur des Fortschritts. (…) Ohne Kassandra spielen zu wollen, gibt es Grund zur Sorge.
Sollen wir also weiterhin alles erdulden oder könnten wir etwas Revolutionäreres in Betracht ziehen?“
Christian Fouchard
 
„Wenn man das Lenkrad zu spät dreht, verpasst man die Kurve. Wenn man kein Geld für Benzin hat, bleibt man liegen. Herr Tavares verdient Millionen, will aber kein Geld für ein Citroën-Museum ausgeben. (…)“
Rik Tardif
 
„Ohh, ohh, ohh.“
Etienne Musslin
 
„Ich denke, wir sollten ein Minimum an Positivität walten lassen: Es bedeutet nicht, dass das Conservatoire verschwindet. Wie bereits erwähnt, wird es verlegt. Bleibt nur noch die Frage, wohin. Poissy? Sochaux? An einen anderen Ort? Das einzig Negative an der Angelegenheit ist, dass die Arbeiten am neuen Standort noch nicht begonnen haben.“ Matthieu Turel
 
ACHTUNG, ACHTUNG:
Im Juni 2024 kann das Conservatoire Citroën noch an folgenden Tagen besucht und besichtigt werden: Donnerstags 13, 20 und 27 juin von 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr, sowie Samstag, 15, Juni von 14 bis 16 Uhr.
 
Grosses Abschschiedstreffen am Conservatoire Citroën am 6. Juli 2024
 

 
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