BRAVO 66: Entlein fährt 100.000 Kilometer
Ob ein Leser den BRAVO-Autotip Nr.6 (Citroën 2CV – der lustigste Kleinwagen der Welt) ausgeschnitten hat und ihn tatsächlich irgendwo archivierte? BRAVO empfahl es jedenfalls in Heft 22/1966. Wahrscheinlicher allerdings, dass das Leserinteresse eindeutig zu Gunsten der vielen Stars und Sternchen jener BRAVO ausfiel. Während Titelstar Lex Barker – als Old Shatterhand in unzähligen Karl-May-Verfilmungen – bereits zum Idol deutscher Kinogänger avanciert war, dürfte ein überwiegender Teil aber ausgeprägtes Interesse an den allgegenwärtigen Beatles gehabt haben: Keinesfalls darf der damals gerade von Platz 1 auf Platz 2 gefallene Beatles-Titel “Nowhere man” als Anspielung verstanden werden, denn die Beatles waren auf ganzen zehn Seiten des Heftes vertreten. Ob George Harrisson als Ziel des Horoskopes (Vorsicht mit Gefühlen George!), Paul McCartney als Gastautor (Paul schreibt für Bravo) oder John Lennon als Fotomodell (Mit John ist gut Foto machen!). Dazu noch der obligatorische Beatles-Starschnitt und drei Singels in der bravo-musicbox! Deutsche Lokalgrößen wie Roy Black (Zitat: “Am Streit ist die Versöhnung das schönste”) dürften da bei vielen nur müdes Lächeln ausgelöst haben, denn internationale Stars vom Schlage der Beatles oder einer Francoise Hardy (Die Französin mit der traurigen Stimme) waren ganz weit entfernt vom provinziellen Charme des deutschen Showbizz jener Tage.
Immer neuen Spaß nicht nur am Beat der Sechziger, sondern vor allem am 2CV hat ein unter dem Pseudonym Gustav Gas schreibender BRAVO-Redakteur: “Sooft ich mit dem 2CV spazienfahre, habe ich immer wieder neuen Spaß daran. Ein Auto für Philosophen. Warum? werdet ihr fragen. Nun, hauptsächlich trägt die einmalig weiche und originelle Federung des 2CV dazu bei, die einen sanft wie ein Himmelbett über alle Hindernisse hinwegschaukelt. Jedes einzelne Rad hat etwa 40 Zentimeter Federweg – Leute mit schwachem Magen sollten allerdings nicht einsteigen, sie sind in Gefahr, seekrank zu werden … (…)
Früher war der 2CV ein sogenanntes Primitiv-Auto. Da hat er mir noch besser gefallen als heute, da man ihm schwellende Polsterbänke (Anm. d. Red. Damals allerdings nur im Modell AZL3 bzw. AZAM aus Belgien), elektrische Scheibenwischer und sonstige Attribute moderner Luxusautos verpasst hat. Denn der 2cv war immer genial praktisch und unerhört bequem zugleich. Vier Mann, aber auch sechs oder sieben (!!!) passen rein. Die hintere Bank kann man mit ein paar Handgriffen ausbauen und hat dann den reinsten Möbelwagen.
Großartig ist die Belüftung. Das Rolldach ist serienmäßig. (…) Bei 425 ccm und 16 PS dürft ihr natürlich keinen Raketenstart erwarten und müßt Euch auf der Straße oft in Geduld fassen – darum sage ich: Ein Auto für Philosophen! Sobald ihr aber geschickt fahrt, kommt ihr ganz gut voran! (…) Was wollt ihr mehr? Der 2CV ist spottbillig in Steuer,> Versicherung und Verbrauch. Und der Motor? “Das Entlein” fährt leicht 100 000 Kilometer und mehr!”
Wir bedanken uns bei der BRAVO-Redaktion für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung des Originalmaterials.
15.07.05
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