60 Jahre Citroën 2CV: Willkommen in Westdeutschland

Noch 1958 ist der deutsche Automarkt fest unter einheimischen Herstellern aufgeteilt, und das spartanische Mobil aus Frankreich namens 2CV will partout nicht zu den vermeintlichen Käuferwünschen der ausgehenden Wirtschaftswunderzeit passen. Natürlich erfreut sich der 2CV dank unzähliger Berichte in Zeitschriften einer gewissen Bekanntheit, doch je mehr die Ente zum medialen Thema wird, desto deutlicher wird auch der ihr im zehnten Produktionsjahr innewohnende Anachronismus.
 

2CV mit Malle bombée und bundesdeutscher Saar-Zulassung, Anfang der Sechziger Jahre in Saarlouis. Bild: Archiv garage2cv.de

 
Auf Deutschlands Straßen ist die Ente am Ende der Wirtschaftswunderzeit ein seltener Gast. Wenn überhaupt, fahren ihn damals in Süddeutschland stationierte französische Soldaten. Ab und an verirrt sich auch mal ein französicher Tourist im 2CV nach Deutschland, doch das bleibt die absolute Ausnahme. Eine kleine 2CV-Population ist im Saarland anzutreffen, denn die Saar gehört noch bis 1959 zum französischen Wirtschaftsraum. Dort werden 2CV nicht nur privat sondern sogar von Behörden wie Polizei und Saarpost genutzt.
 

Selten auf Deutschlands Straßen: In Frankreich zugelassener 2CV am Goethe-Haus in Frankfurt/Main, ca. 1958. Bild: Archiv garage2cv.de


 Der für die Vermarktung in Deutschland zuständigen Citroën-Tochter in Köln fällt der Umgang mit dem 2CV anfangs sichtlich schwer. So führt man zwar 1952 auf dem Köln-Poller Werksgelände erste bauliche Vorbereitungen für eine 2CV-Montage durch: Beabsichtigt ist, mit aus Paris gelieferten Teilen Enten in Poll zu montieren, im gleichen Jahr ist eine ähnliche Montage bereits im belgischen Werk Forest angelaufen. Doch zu einer Produktion in Deutschland kommt es wohl vor allem aus zolltechnischen Gründen nicht.
 

Früher deutscher 2CV-Prospekt, 1958. Bild: Archiv garage2cv.de


 Willkommen in Westdeutschland heißt es für den 2CV deshalb erst einige Jahre später, denn erst mit dem im März 1957 geschlossenen EWG-Abkommen vereinfacht sich der deutsch-französische Warenaustausch spürbar. Daraufhin beginnt im Laufe des Jahres 1958 ein zunächst noch sehr zaghafter Import des 2CV. Bereits der erste Listenpreis ist aber saftig am damaligen Markt vorbei kalkuliert und mindert von Anfang an die ohnehin dürftigen Erfolgschancen des 2CV: Mit 4750 DM liegt man satte 150 DM über der recht gut ausgestatteten VW Export-Limousine. Der Kauf eines 2CV sei völlig indiskutabel, wie es die bekannte Zeitschrift Rollermobil und Kleinwagen in Augabe 5/1959 treffend ausdrückt.
 

Glücklicher Einfall? 1959 sucht Citroën einen Namen für den 2CV, denn Ente soll er nicht heißen. Bild: Archiv garage2cv.de


 Den ersten offiziellen Messeauftritt hat der 2CV im September 1959 trotzdem. Anläßlich der IAA in Frankfurt präsentiert Citroën erstmals zwei Enten. Die beiden Fahrzeuge – ein 2CV AZ Standard und ein 2CV AZL3 Luxe – stammen aus dem belgischen Montagewerk Forest, das jahrelang einen Großteil der in Deutschland verkauften Fahrzeuge liefert. Am Citroën-Stand gilt das Interesse jedoch vor allem dem neuen Modell ID 19 Break Familiale, das hier seine Deutschlandpremiere feiert. Überhaupt steht die Ente 1959 im Schatten einer ganzen Reihe von bedeutenden Neuvorstellungen anderer Marken, entsprechend nimmt vor allem die Motorpresse kaum Notiz von dieser ohnehin verspäteten 2CV-Präsentation.
 

1959 erstmals auf der IAA in Frankfurt: Der Citroën 2CV. Bild: Citroën/Archiv garage2cv.de


 Im Gegensatz zu einer großen Citroën-Anzeige zur IAA 1959 ist auf der Messe selbst erstmals nicht die Bezeichnung 2CV, sondern Monpti angebracht. Geht es nach Citroën, soll die Ente in Deutschland fortan auf diesen Namen hören. Vorangegangen ist noch im Sommer 1959 ein Preisausschreiben, in dem ein treffender und volkstümlicher Name gesucht wurde. Man darf davon ausgehen, dass jede sprachliche Anspielung auf die Ente gar nicht erst mitgezählt wurde, und so setzt sich unter allen Einsendungen eben die Bezeichnung Monpti durch, ein Begriff, der durch einen gleichnamigen Spielfilm mit den Publikumslieblingen Romy Schneider und Horst Buchholz inspiriert ist. Im Spätherbst 1959 schaltet Citroën Werbeanzeigen in allen größeren Zeitschriften, doch der gewollte Name setzt sich nie durch und wird – letztlich wohl auch auf Veranlassung der Citroën-Zentrale in Paris noch vor Jahresfrist wieder kassiert.
 

Nur wenige Monate trägt der 2CV – hier ein Chassis auf der IAA Frankfurt 1959 – den Namen Monpti. Bild: Citroen / Archiv garage2cv


 
Von Jan Eggermann
 
Dieser Text ist Teil der Serie “60 Jahre 2CV” und in Auszügen dem 2005 erschienenen Buch Citroën 2CV – Die Ente in Deutschland entnommen. Erhältlich im Buchhandel unter der ISBN 978-3980908221 oder bei edition.garage2cv.de.
 
Anmerkung der Redaktion: Am 10. Juli 2018 – also rund 10 Jahre nach Erscheinen des Artikels – erreichte die Redaktion der Anruf eines engagierten Lesers, der völlig zu Recht darauf hinwies, dass das Werk Köln-Poll 1952 nicht mehr und das Gelände in Köln-Porz noch nicht von Citroën benutzt wurde. Insofern muss es “bauliche Vorüberlegungen” heissen.
 

Dieser Text gehört zur Serie “60 Jahre 2CV” aus dem Magazin Der Entenschnabel und ist in Auszügen dem 2005 erschienenen Buch Citroën 2CV – Die Ente in Deutschland entnommen. Erhältlich ist das Buch unter der ISBN 978-3980908221 oder bei BUCH & MOTOR, der Buchhandlung von Garage 2CV.
 
01.07.2008
 
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